Bist du schon jemals am See gesessen und hast Steine in das Wasser geworfen? Ich mache das gerne. Ich werfe einen Stein in das Wasser und beobachte dann die Wellen an der Wasseroberfläche die durch den Stein entstanden sind.
Besonders spannend wird es wenn ich zwei oder mehrere Steine in einem guten Abstand zueinander in das Wasser werfe. Die Wellen die durch jeden Stein entstehen breiten sich immer weiter aus, treffen sich und verbinden sich miteinander bis nach einer Weile nur noch ein großer Ring dem anderen folgt.
Jedes Mal wenn ich dieses Ereignis beobachte, denke ich unmittelbar an Shiatsu und wie meine Hände in den Körper meines Klienten „eintauchen“. Es geht dabei viel weniger um das was tatsächlich passiert, sondern um die Intention mit der die Berührung stattfindet. Im Shiatsu arbeitest du immer mit 2 Händen (oder auch Daumen, Ellenbogen und Knien), denn diese senden die „Wellen“ im Körper aus und wenn von den beiden Händen die Wellen aufeinandertreffen, kann sich der Organismus verbinden und neu ausrichten. Auf physischer Ebene bedeutet das, dass durch den Druck Sehnen, Bänder, Muskel, Fasziengewebe, Venen, Aterien, Gewebsflüssigkeit, Fettgewebe etc. sanft komprimiert und wieder gelöst wird. Es entsteht dadurch eine andere Druckverteilung im Körper. Wenn die Kompression nachlässt können sich an der Stelle die Gewebe neu mit Flüssigkeit vollsaugen wodurch sie besser ernährt werden. Verhärtungen werden dadurch häufig gelöst und ein gelöster kontrahierter Muskel wird ebenfalls besser versorgt und kann seiner Funktion wieder nachkommen. Mit zwei Händen zu arbeiten hat den Vorteil, dass man tiefer arbeiten kann weil ein zweiter Druckpunkt wie ein Ausgleichsventil für Schmerz sorgt, vorausgesetzt beide Arme sind gleich präsent. Präsenz bedeutet zum Einen die eigene Aufmerksamkeit auf beide Arme gleichzeitig zu lenken und andererseits den Körper in entsprechender Balance zu halten und das eigene Gewicht nicht zu stark auf eine Seite zu verlagern.
Die Vorstellung das Shiatsu so funktioniert wie unsere Hände gleichmäßig in Wasser einzutauchen, unterstützt die eigene Ausrichtung.
Was hat das nun mit den Funktionen und den energetischen Aspekten im Shiatsu auf sich?
Tja die Frage lässt sich wohl wissenschaftlich (zumindest nicht nach westlichen Maßstäben) erklären. Das ist eine Erfahrung die du machen kannst, wenn du auch bereit bist dich darauf einzulassen. Das wirklich interessante daran ist, dass wir Dinge erspüren und wahrnehmen können wenn wir es zulassen, das abseits jeglichem Verständnis liegt. Es ist eigenartig, spannend, verrückt und für manche auch vollkommene Scharlatanerie, wenn du einen Fußknöchel berührst und z.B. plötzlich wie ein klackern in deinem inneren Ohr wahrnimmst. Du fragst daraufhin dein Gegenüber ob hier schon mal eine Verletzung vorlag und die Antwort ist: „Ja, den habe ich mir mal vor 5 Jahren gebrochen.“
Ich behaupte nicht, das das eine Diagnosemethode sein sollte, aber dennoch fasziniert es mich das es scheinbar doch mehr zu lernen gibt, außerhalb unserer wissenschaftlichen Parameter.
Auch im Shiatsu arbeiten wir mit dem Meridiansystem. Jedem Meridian ist ein Organ mit seinen Funktionen zugeordnet. Um das wirklich in seiner tiefe verstehen zu können, muss man sich schon einige Zeit damit beschäftigen und sich zudem von den westlichen Vorstellungen von Organen trennen. Die Organe beschreiben letztendlich Funktionen und diese wiederum manifestieren sich letztendlich auf einer physischen Ebene als Organ. Die Funktionen für sich genommen sind im Grunde umfassende Prinzipien nach denen alles auf unserer Erde funktioniert.
Um das ein bisschen klarer zu machen, möchte ich hier ein Beispiel anführen.
Das Organ Leber und seine Funktionen und Assoziationen
Die Funktionen der Leber stehen für die Entgiftung, Flexibilität, Planung.
Die Leber dient unserem Körper auf physischer Ebene als „Müllhalde“ wo Abfallstoffe verstoffwechselt werden damit unser Körper im Gleichgewicht bleibt. Flexibilität benötigen wir um uns beweglich und frei zu fühlen.
Auf der emotionalen Ebene entgiften wir z.B. mit Hilfe von Wut.
Wut und Aggression sind ausschlaggebend um in die eigene Kraft zu kommen und seinen Weg zu gehen. Stell dir vor du würdest keine Aggression kennen – ein Angreifer könnte dich in dem Fall einfach eliminieren, wahrscheinlich weil dich stattdessen die Angst völlig eingefroren hat. Wut kann aber auch schädlich sein und zwar dann wenn sie auftritt weil wir unser selbst nicht verwirklichen können und in unserem Wachstum behindert werden. In diesem Fall staut sich die Wut z.B. in unserm Bauch, wir fühlen uns ständig angespannt und haben vielleicht auch noch Magengeschwüre.
Auf mentaler Ebene benötigen wir mitunter Flexibilität um Erlebnisse aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Auch deine Gedanken kannst du „entgiften“ indem du dir selbst nicht alles glauben was du dir erzählst. Wir entgiften auch, wenn wir für bestimmte Zeiten auf unser Smartphone, Social Media und Co verzichten.
Auf spiritueller Ebene kann Flexibilität bedeuten nicht an deinem vermeintlichen Schicksal festzuhalten, sondern die vielen Möglichkeiten die dir das Leben schenkt zu sehen. Die Aggression kann dich unterstützen an deine Visionen zu glauben und an das Zusammenwirken aller Kräfte um diese Wirklichkeit werden zu lassen.
Die Leberenergie ist eine kraftvolle Energie die wir besonders dann brauchen wenn wir wirklich etwas in Gang bringen wollen. Es ist eine Art Initiationsenergie weshalb sie auch dem Kindesalter zugeordnet wird. Du brauchst nur an einen kleinen Samen denken, häufig nicht größer als der Nagel deines kleinen Fingers, der dennoch so viel Kraft aufbringt sich durch die Erde einen weg zu Bahnen um Wurzeln zu entwickeln und einen Weg ans Licht zu finden. Aus diesem Samen erwächst über die nächsten Jahrzehnte ein riesengroßer kraftvoller Baum, der wiederum seine Samen fallen lässt und mit der Zeit entsteht ein ganzer Wald.
Was hat das nun alles miteinander zu tun? Die Hände die in den Körper tauchen, die Funktionen und dann auch noch diese komischen Organe die aber eine Energieleitbahn sind und auf verschiedenen Ebenen tanzen? Puh, das ist ganz schön viel auf einmal gefragt.
Die Meridiane werden gerne als Linien an der Körperoberfläche dargestellt was wie du dir vielleicht denken kannst nun so nicht ganz zutrifft. Speziell in meinem Verständnis von Shiatsu spreche ich mit dir über 3 dimensionale Räume, denn wir sind auch 3 dimensionale Wesen. Wenn ich nun mit meinen Händen und letztlich mit meinem ganzen Körper zu arbeiten beginne, tauche ich meine Hände über deine Hautoberfläche ein. Das spannende an den Meridianfunktionen bzw, den dazugehörigen Assoziationen ist, das je nachdem worauf ich mich einstimme sich die Qualität der Berührung verändert.
Eine der großen Herausforderungen wenn du Shiatsu zu lernen beginnst, ist ein Verständnis dafür zu entwickeln wie du die Assoziationen vereinfachst um sie in eine übertragbare Stimmung zu wandeln. Ein Beispiel: Die Leber steht für Planung, jedoch etwas Planen kannst du schwer von deiner Intention in deine Hände übertragen. Du könntest den Behandlungsablauf planen, nachdem wir aber eher intuitiv arbeiten kommt das auch noch nicht so richtig hin. Was wir aber benötigen um einen Plan gut umsetzen zu können, ist Kreativität und auch Flexibilität. Das heißt du könntest dir kreative Lösungen in der Behandlung einfallen lassen und mit Hilfe von Dehnungen und Rotationen speziell an den Gelenken für Flexibilität sorgen.
Hier noch eine Buchempfehlungen zum Thema Shiatsu: „Das große Buch der Heilung durch Shiatsu: Das Standardwerk über Theorie und Praxis der japanischen Heilmassage“ von O.W. Barth
„Yu Sen – Sprudelnder Quell: Shiatsu für Anfänger“ von Wilfried Rappenecker
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